Der Zeit voraus – seit 180 Jahren

180 Jahre Glashütter Uhrmacherkunst. Die Manufaktur Glashütte Original feiert ihr reiches Erbe in einer mehrteiligen Newsletter-Reihe. Entdecken Sie, wie jede Generation von Uhrmachern der Zeit ihren Stempel aufgedrückt hat.

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1845

Wie Glashütte das metrische System im Uhrmacherhandwerk etablierte

Vor 180 Jahren beginnt eine große Vision im kleinen Maßstab. Mit dem Aufbau seines Betriebs in Glashütte führt Ferdinand Adolph Lange als erster Uhrenhersteller weltweit das metrische System ein – damals ist dieses noch ein neuartiges Konzept, das mit verschiedenen regional verbreiteten Einheitensystemen konkurriert. In Kontinentaleuropa verwenden Uhrmacher bis dahin typischerweise die Pariser Linie, die ungefähr 2,26 Millimetern entspricht.

Messgeräte aus dieser Zeit nutzen üblicherweise die Teilung durch zwölf. Bei der Berechnung und Vermessung der filigranen Bauteile eines Uhrwerks ergeben sich so jedoch Toleranzen, die erhebliche Ungenauigkeiten nach sich ziehen können. Ferdinand Adolph Lange erkennt das Potenzial des metrischen Systems und etabliert es in Glashütte rund drei Jahrzehnte bevor es in Deutschland verbindlich eingeführt wird.

1851

Gleichzeitig entwickelt er spezialisierte Messinstrumente für die praktische Anwendung in der Uhrmacherei. Das sogenannte Dosenmikrometer erlaubt eine bis dahin ungekannte Präzision auf 1/100 Millimeter genau. Im Jahr 1851 hält Lange dazu fest:
„Mein erster und entscheidender Schritt war ein Maß zu construiren um mit größtmöglicher Genauigkeit jedwedes berechnete Verhältnis im kleinsten Maasstabe auszuführen.“

Rund ein Jahrhundert später fließt die von Ferdinand Adolph Lange gegründete Uhrenfabrik in den VEB Glashütter Uhrenbetriebe ein. Als offizieller Rechtsnachfolger des einstigen Staatskonzerns führt die Glashütter Uhrenbetrieb GmbH die Vision höchster Genauigkeit bis heute fort. Seit 1994 verwendet sie den Markennamen Glashütte Original als klares Bekenntnis zu ihren Wurzeln und als Ausdruck ihrer geschichtlichen Sonderstellung.

Mittlerweile erlauben modernste Fertigungstechniken beispiellose Präzisionsarbeit mit Toleranzen von wenigen tausendstel Millimetern. Um ihren hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden, stellt die Manufaktur weiterhin viele ihrer Prüfmittel selbst her, beispielsweise um die Wölbung eines Zifferblatts exakt zu kontrollieren.

1845

Die Deutsche Uhrmacherschule Glashütte

Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Uhrmacher in Glashütte niederließen, dauerte die Reise in die 30 Kilometer entfernte Stadt Dresden drei Tage. Die abgelegene Region im Erzgebirge hatte zuvor über Jahrhunderte vom Bergbau gelebt. Doch mit schwindenden Rohstoffvorkommen fürchtete die einheimische Bevölkerung um ihre Existenzgrundlage.

Dass die Uhrmacherkunst ausgerechnet in Glashütte Fuß fasste, hatte die Stadt nicht dem Zufall zu verdanken. Es handelte sich um ein wohlgeplantes, vom Königreich Sachsen unterstütztes Projekt, um der Gegend eine neue Perspektive zu geben. Die Regierung stellte ihre finanziellen Mittel jedoch nicht für den Bau von Fabriken bereit, sondern allein für die Ausbildung von Uhrmachern – und legte damit den Grundstein für eine Industrie, in deren Mittelpunkt von Anfang an die Weitergabe von Wissen stehen sollte.

In wenigen Jahren schaffte es Glashütte, von einer ärmlichen Bergbaustadt zu einer internationalen Institution in der Fertigung hochpräziser Uhren aufzusteigen. Dies war nicht das Werk einer einzelnen Person oder eines einzelnen Betriebs. Es war eine Gemeinschaftsleistung großer Visionäre, die sich gegenseitig unterstützen und untereinander enge Freundschaften unterhielten. Ihr wohl größtes Vermächtnis sollte jedoch die Deutsche Uhrmacherschule Glashütte (DUS) werden.

1878

Am 1. Mai 1878 findet die feierliche Eröffnung statt. Die ersten 16 Schüler werden noch in zwei Räumen des Gemeindeschulhauses von Glashütte unterrichtet. Doch schon ein Jahr später möchten viel mehr Interessenten an der DUS das Uhrmacherhandwerk erlernen, als sie in ihren Räumlichkeiten unterrichten kann. Im Kern der Stadt Glashütte entsteht daher ein eigenes Schulgebäude, das 1881 fertiggestellt wird und Kapazitäten für 60 bis 80 Schüler besitzt. Nach einiger Zeit reichen auch diese Räumlichkeiten nicht mehr aus. Das Gebäude wird daher ab dem Jahr 1921 erweitert und erhält zudem eine eigene Parkanlage mit einem monumentalen Brunnen.

Die DUS besuchen zu dürfen, ist eine Ehre. Unter den Schülern herrscht ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Sie schließen sich zu Schülerverbindungen zusammen, in denen sie gemeinsam ihre Freizeit verbringen und andere Schüler weit über ihre eigene Lehrzeit hinaus unterstützen. Die Absolventen verbreiten das Ethos der Glashütter Uhrenfabrikation in der ganzen Welt und tragen den Titel „Absolvent der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte“ ihr Leben lang mit Stolz.

Genauso kommt für viele Uhrmachermeister und erfolgreiche Industrielle aus Glashütte eine Anstellung als Lehrer an der DUS einem Ritterschlag gleich. Der für seine Präzisionspendeluhren und die Erfindung der freien Federkrafthemmung berühmte Uhrenfabrikant Ludwig Strasser gestaltet die Einrichtung von ihrer Gründung an maßgeblich mit. Zunächst möchte er Teil der Firma Strasser & Rohde bleiben. Doch als die Arbeitsbelastung seiner Rolle als Geschäftsführer neben seiner Lehrtätigkeit zu hoch wird, entscheidet er sich für die DUS. 1885 übernimmt er das Amt des Direktors, das er 32 Jahre lang innehaben wird.

1920

Die Deutsche Uhrmacherschule Glashütte verfolgt nicht allein das Ziel, fähige Uhrmacher auszubilden. Sie möchte Innovation fördern. Alfred Helwig, Uhrmachermeister und Lehrer an der DUS, stellt sich im frühen 20. Jahrhundert der Herausforderung, die aufwändigste Komplikation der Uhrmacherkunst weiterzuentwickeln: das Tourbillon. Von Anfang an bezieht er seine Schüler mit in die Arbeit ein. Gemeinsam gelingt es ihnen im Jahr 1920, die Konstruktion erstmals einseitig zu lagern und sie aus dem oberen Teil ihres Käfigs zu befreien. Das sogenannte Fliegende Tourbillon wird zu einer der bekanntesten Glashütter Erfindungen.

Jeden Samstag wird das Schulgebäude damals zum Schauplatz eines besonderen Rituals. Von 8 Uhr bis 8.10 Uhr morgens überträgt die Berliner Sternwarte ein Zeitzeichen über eine der ersten Morseleitungen des Erzgebirges nach Glashütte. Mithilfe einer sogenannten Koinzidenzuhr kann die Uhrzeit auf eine Zehntelsekunde genau geprüft werden. In seinen Schriften schildert Alfred Helwig das Ereignis mit anschaulichen Worten: „Dieses Abnehmen des Zeitsignals war geradezu eine feierliche Handlung, begleitet von größter Lautlosigkeit im ganzen Hause, damit man das Zusammenfallen der Schläge genauestens höre. Direktor und Lehrer waren anwesend, und jedesmal wurden einige Schüler zugezogen, damit sie nach und nach alle den Zeitsignal-Empfang kennenlernten.“

Für viele Jahrzehnte bildet die DUS den gesellschaftlichen Kern der Glashütter Uhrenindustrie. Aus der Gemeinschaft unabhängiger Betriebe entsteht im Jahr 1951 ein Konzern in Staatsbesitz, der VEB Glashütter Uhrenbetriebe. Nach der Deutschen Wiedervereinigung tritt die Glashütter Uhrenbetrieb GmbH die Rechtsnachfolge des einstigen Staatskonzerns an und wird damit gleichzeitig zur alleinigen Erbin der historischen Uhrenindustrie ihrer Heimatstadt. Heute bündelt sie das bis ins Jahr 1845 zurückreichende Vermächtnis in der Marke Glashütte Original.

Dazu gehört auch, dass der handwerkliche Nachwuchs des Betriebs noch immer im selben Gebäude ausgebildet wird wie schon im Jahr 1881. Seit 2002 trägt die firmeneigene Uhrmacherschule den Namen von Großmeister Alfred Helwig. Die jungen Uhrmacher, Zerspanungsmechaniker und Werkzeugmechaniker, die hier Jahr für Jahr ihren Abschluss machen, stellen mit ihren Ideen sowie ihrem Tatendrang die Zukunft der Glashütter Handwerkskunst sicher.

 

Glashütte Original ist den Idealen seiner Vorfahren stets treu geblieben. Mit derselben Innovationskraft, auf der sich ihr Erfolg einst begründete, strebt die Manufaktur weiterhin nach absoluter Perfektion. Hinter den Kulissen führen die Konstrukteure und Uhrmacher des Hauses die Arbeit großer Vordenker wie Alfred Helwig zielstrebig fort. Mit dem patentierten Flyback Tourbillon gelang es ihnen, Helwigs genialen Mechanismus noch einmal entscheidend weiterzuentwickeln. So bringt eine Vertikalkupplung das Herzstück des Senator Chronometer Tourbillon beim Ziehen der Krone zum Stillstand. Wird die Krone auf die nächste Position gezogen und dort gehalten, rotiert der Tourbillonkäfig in einer sanften Drehung zurück zur Nullmarkierung des Sekundenzeigers an seiner Spitze. Mit dem Drücken der Krone setzt sich der Wirbelwind mühelos wieder in Bewegung. Eine technische Meisterleistung, vor der sich wohl sicher auch der Meister selbst verneigt hätte.

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